Das aktuelle Paradigma der Petromoderne betrachtet Erdöl als einen politischen Katalysator, der etwa durch Enteignungen, Staatsstreiche oder den Versuchen einer Nationalisierung des Rohstoffs das 20. Jahrhundert gestaltet hat. Als intermediales Element verbindet Erdöl zugleich Architektur, Kino, Literatur und Kunstgeschichte miteinander; und es stellt eine spezifische kritische Strömung in der Museumsgeschichte dar. Wie können wir die Entstehung von Petrokulturen und -infrastrukturen innerhalb und außerhalb der Mainstream-Kulturindustrien und ihrer Repräsentationen des 20. Jahrhunderts verstehen? Wie hat sich die Menschheit vom goldenen Zeitalter der Ölwirtschaft und des Wachstums zu unserer Ära der Umweltkrise und der schwindenden Widerstandskraft der Ökosysteme entwickelt?
Morad Montazami ist Kunsthistoriker, Verleger und Kurator. Nachdem er von 2014 bis 2019 an der Tate Modern, London, als Kurator für den Bereich „Naher Osten und Nordafrika“ tätig war, entwickelte er die publizistische und kuratorische Plattform Zamân Books & Curating, um die arabische, afrikanische und asiatische Moderne zu erforschen. Er veröffentlichte zahlreiche Essays und kuratierte unter anderem die Projekte Bagdad Mon Amour, Institut des Cultures d’Islam, Paris, 2018; Casablanca Art School, Tate St Ives/Sharjah Art Foundation/Schirn Kunsthalle Frankfurt, 2023–2024; Arab Presences. Modern Art and Decolonization. Paris 1908–1988, Musée d’Art Moderne, Paris, 2024.