Zone der Selbstablösung
L6_C2_BRIM
6days
11h 35min
1338 gr
1873 layer
Achtung: Speed 200
„Zone der Selbstablösung“ ist Experimentierlabor, kontinuierlich nach außen getragener Prozess, definierte Produktionszeit und festgehaltene Momentaufnahme. „Zone der Selbstablösung“ bringt den Versuchsaufbau von zwei Methoden der Schichtung kompetetiv räumlich zusammen: 3D- Druck versus manuelle Schichtung - Maschine gegen Mensch. Beide Methoden machen mit der Zeit das physische Wachstum der Entitäten sichtbar.
Das Kollektiv HazMatLab, bestehend aus Sandra Havlicek, Tina Kohlmann und Katharina Schücke, eignet sich in ihrer gemeinschaftlichen Praxis experimentelle Methoden an und verschiebt damit die Grenze zwischen Chemie, Technik und Digitalem sowie Kunst. Indem sie mit ihrem Lab zum Februar 2022 in die Allianzpassage in der B-Ebene der Frankfurter Hauptwache zogen, stellen sie das Konzept und den Raum eines Labors und gleichzeitig den des eigenen Ateliers infrage. Mit seiner an zwei Seiten offenen Fensterfront, umgeben von Juwelieren, Imbiss- Lokalen und An- und Verkaufsgeschäften, stehen die Türen ihren Labors interessierten Besucher_innen und zur Bahn hastenden Passant_innen gleichermaßen offen. HazMatLab begreift ihr Experimentierlabor als Ort des Austausches und des andauernden Prozesses. Die fortlaufende Praxis der einzelnen Arbeitsprozesse veranschaulicht die konsequente Strategie ihres Experimentierens.
Der Prozess um die 3D-Druck-Skulptur Coral Cluster startete bereits bei einem Residency- Aufenthalt des Kollektivs 2018 in Südkorea, genauer auf Jeju Island. Dort fügten sie fingernagelgroße Korallenstücke zu einer „neuen“, etwa daumengroßen, Koralle zusammen, welche die Vorlage für die letztendlichen 3D-Druckdateien bildet. Coral Cluster besteht aus einzelnen zusammengesetzten Elementen unterschiedlicher Farb- und Struktureigenschaften, deren Positionierungen im Cluster der Koralle horizontal und vertikal festgelegt sind. Schicht um Schicht übertragen die drei Drucker Wally, Winnie und OG nahezu unermüdlich die Anweisungen des Kollektivs in farbigem Filament auf ihre Druckerplatten
Die Werkgruppe der Slumping-Objekte wurde während der Produktionszeit an der dafür vorgesehenen Slumping station produziert, neben Luftabzug und Ventilatoren dominieren weiße Kacheln und kühler Edelstahl diesen Arbeitsbereich. Zwei der drei Nagellack- Objekte in der Form eines überdimensionierten Nagels entstehen seit 2020, unter anderen in den Farben „pool party“, „chubby chestnut“ und sassy salmon“. Notierte Striche dokumentieren seit der ersten Schicht ihr Wachstum - ein Strich, eine Lage - und funktionieren auch als Übergabeprotokoll, da jede Skulptur einem bestimmten Farbkonzept folgt.
Neben des offen gelegten Prozesses ist der kollektive Gedanke, der über das Selbstverständnis als Künstlerinnenkollektivs hinaus geht, ein besonderes Charakteristikum ihrer Praxis. Trotz des experimentellen Wettstreits fungieren die 3D-Drucker primär als Komplizen, statt als Konkurrenten. Anstelle maschineller (Groß-)produktion kommt auf jeden Kopf des Kollektivs exakt ein Drucker, die als eigentliches Arbeitsmaterial eine Art Subjektivierung erfahren und vielmehr zum vierten Kollaborateur werden, der Entscheidungen beeinflusst und eine gleichberechtigte Rolle einnimmt. In ihrer Zusammenarbeit im Wettbewerb ohne Konkurrenzdenken entsteht eine Wechselwirkung, die in ihrer Rückkoppelung Auswirkungen auf den Rhythmus der Produktion und das Resultat hat.
Katharina Baumecker
Die Ausstellung Zone der Selbstablösung wurde ermöglicht durch Neustart Kultur 2022 des BBK, Bunderverband Bildender Künstler/innen, Kulturamt Frankfurt sowie Allianzpassage. Vielen Dank für die freundliche Unterstützung FilaTex und 3dkBerlin.