Ab 30. April 2022
Die Eröffnung am 29. April um 18.30 Uhr ist öffentlich.
Bitte melden Sie sich hier an.
Die Interventionsspur „Blickwechsel – dem Rassismus auf der Spur“ wirft einen rassismuskritischen Blick auf die Dauerausstellungen des HMF.
Die Co-Kurator*innen sind Künstler*innen und Aktivist*innen, die mit ihren Ausstellungsbeiträgen ausgewählte Objekte und deren Geschichten kommentieren, verändern und ergänzen. Die Interventionsspur setzt Akzente und bricht mit dominanten Denk-, Sprach- und Sehmustern.
Innerhalb des Projekts stehen Fragen im Fokus wie: Wessen Geschichten müssen im Museum erzählt werden? Welche Perspektiven werden marginalisiert? Wie reproduzieren historische Bilder Rassismus und wer liest diese Bilder auf welche Weise? Woher kommen die Objekte oder wie sind sie hierhergekommen?
Die Interventionsspur „Blickwechsel – dem Rassismus auf der Spur“ thematisiert die deutsche Kolonialgeschichte und ihr Fortwirken bis heute. Auch in Frankfurt finden sich Spuren aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert. Bis heute wirken imperiale und koloniale Vorstellungen in Form von Rassismus und struktureller Ausgrenzung fort. Diese Spuren finden sich auch in den Ausstellungen und Sammlungen des Historischen Museums – mal mehr, mal weniger deutlich: Konkret sichtbar wird dies in Form von rassistischen Darstellungen und Texten auf Ausstellungsobjekten. Oder es gibt Fehlstellen, weil Menschen und ihre Erzählungen konsequent ausgelassen wurden. Mit 18 Interventionen fügt das partizipative Projekt den Exponaten kritische Betrachtungen und neue Perspektiven hinzu.
Künstler*innen und Aktivist*innen of Color kommentieren, verändern und ergänzen mit ihren Ausstellungsbeiträgen ausgewählte Objekte und deren Geschichten. Sie präsentieren ihre kritische Sicht auf die im Museum überlieferten Geschichten mit künstlerischen Mitteln. Die Tour ist überwiegend aus der Perspektive nicht-weißer und intersektionaler Positionen formuliert. In ihrer Rolle als Co-Kurator*innen bieten sie Einsicht in Erfahrungen von Rassismus und stereotypisierenden Zuschreibungen. Neben der Sichtbarmachung von Rassismen werden Strategien der Selbstermächtigung und des Widerstandes verwendet. So umfassen die subjektiven Interventionen ein Spektrum fiktionaler Erzählungen, ironischer Ergänzungen, Gegenüberstellungen und Protestaktionen sowie Überblendungen einzelner Museumsobjekte.
Co-Kurator*innen
Die Interventionsspur wurde in einem 10-monatigen Arbeitsprozess partizipativ erarbeitet. Im Juni 2021 wurden die Co-Kurator*innen über einen „Call for Participation“ gewonnen und vom Museum für ihre Arbeit vergütet. In mehreren Workshops kam die Gruppe zusammen, um die Museumsobjekte kennenzulernen und die eigenen Narrative zu entwickeln. Innerhalb des Prozesses wurden auch Debatten um Tokenism und Repräsentanz diskutiert.
Ana Paula dos Santos
„Die Einbringung einer antirassistischen Perspektive im Museum demontiert, dekonstruiert und verdrängt koloniale Vorstellungen."
Die Künstlerin Ana Paula dos Santos studierte Kulturanthropologie und Humangeographie. Aktuell ist sie Kunststudentin an der Städelschule. In ihrer neuesten Arbeit „Deconstructing a place in the Sun“ thematisiert sie mittels Fotografien und Installationen koloniale und exotisierende Vorstellungen von Brasilien. Sie bricht durch Ihren Blick die koloniale Idealisierung dessen, was in der deutschen Kolonialzeit gemeinhin als „Platz an der Sonne“ beschrieben wurde.
Aanchel Kapoor
„Ich habe als Co-Kuratorin bei der Interventionsspur teilgenommen, um einen Platz in diesem weißen Raum einzunehmen."
Aanchel Kapoor (sie/ihr) ist Sozialpädagogin und hat 2021 das interdisziplinäre Masterprogramm Migration und Diversität an der CAU Kiel abgeschlossen. Als projektkoordinierende Fachreferentin bei der Landesarbeitsgemeinschaft für Mädchen*arbeit legt sie derzeit ihren Fokus auf intersektionale Mädchen*arbeit.
Gladys Burk
„Es ist Zeit unsere Stimmen zu erheben und unseren Platz am großen Tisch einzunehmen sowie teilzuhaben."
Gladys Burk ist Mitbegründerin von PendaKenia e.V., Gründungsmitglied der AG MDO und Stadtverordnete von Griesheim im Landkreis Darmstadt-Dieburg. Auf kommunaler Ebene setzt sie sich gegen Rassismus, die Beschneidung der Frau und für mehr Diversität ein. Ihr Sohn ist Benjamin Burk.
Halil Can
„Intersektionell rassismuskritische Interventionen können hierbei dazu beitragen, ein (macht)kritisches Bewusstsein über die Dominanzverhältnisse zu entwickeln, die sich auch in Kulturräumen wie Museen in ausgestellten Objekten manifestieren können.“
Der Politikwissenschaftler und Europäische Ethnologe Dr. Halil Can arbeitet freiberuflich als politischer Bildner, Prozessbegleiter und Mediator und als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität Berlin an der Berliner Polizeistudie. Migration, Macht-Ungleichheit, intersektionale Diskriminierung/Rassismus, Empowerment und Powersharing zählen zu seinen Themenschwerpunkten.
Kaja
„Ich habe als Besucherin in Museen oft die Erfahrung gemacht, mit meiner rassismuskritischen Perspektive nicht ernst genommen zu werden."
Kaja arbeitet im Bereich der politischen Bildungsarbeit und setzt sich im Kontext von Kunst und Museen kritisch mit kolonialen Sehgewohnheiten und Forderungen marginalisierter Perspektiven auseinander.
Luisa Benzinger
„Wenn Museen wirklich den Anspruch haben, eine moderne (Stadt-)Gesellschaft in ihrer Gesamtheit anzusprechen, muss die Sensibilisierung für rassistische und diskriminierende Bilder, Sprache und Strukturen selbstverständlich werden."
Luisa Benzinger war als kuratorische Assistenz am Projekt "Blickwechsel“ tätig. Sie studiert im Master Politikwissenschaften und Curatorial Studies und beschäftigt sich dabei mit deutscher Erinnerungspolitik, postkolonialer Theorie und der Praxis der Einbeziehung zeitgenössischer Positionen in kulturhistorische Museen.
Mariama Koller
„Antirassistische Perspektiven bedeuten nicht nur eine Ergänzung eurozentrischen Wissens, sondern auch Zugang."
Mariama Koller lebt und studiert in Frankfurt. In ihrem Studium Moving Cultures (MA) beschäftigt sie sich vor allem mit anglophoner und frankophoner postkolonialer Literatur und den Themen Migration und Diaspora. Als kuratorische Assistenz im HMF arbeitete sie 2020 bis 2021 zu den Themen Rassismuskritik und Diversität.
Marie Antoinette N'gouan
„Es ist wichtig ein Bewusstsein für blinde Flecken innerhalb einer Gesellschaft zu entwickeln."
Marie Antoinette N’gouan studiert derzeit Sozial- und Kulturanthropologie (MA) an der Goethe-Universität in Frankfurt und legt dabei ein besonderes Forschungsinteresse auf die Formen sozialer Ungleichheit und ihre Intersektionalität. Sie unterstützte das Projekt „Blickwechsel“ als kuratorische Assistenz.
Puneh Henning
Puneh Henning (sie/ihr) ist Kuratorin und Kunstvermittlerin mit Schwerpunkt auf Diversitäts- und Migrationsthemen. Sie kuratierte die partizipative Interventionsspur durch die historische Dauerausstellung des Museums: Blickwechsel – dem Rassismus auf der Spur. Von 2018 bis 2022 ist/war sie am Historischen Museum Frankfurt Agentin des Programms „360° - Fonds für Kulturen der neuen Stadtgesellschaft“ der Kulturstiftung des Bundes und unterstützt das Museum bei der Diversifizierung auf Personal-, Programm- und Publikumsebene. In intersektionalen Teams arbeitet/e sie an verschiedenen partizipativen Ausstellungsprojekten und Veranstaltungen zu postmigrantischen und postkolonialen Erinnerungskulturen.
Xinan Pandan
„Museen gehören zu den großen Institutionen der Wissensproduktion und -vermittlung. Als solche sollten sie die Aufgabe haben, diskriminierungskritisch und barrierearm die Geschichten, Perspektiven und das Wissen der gesamten Bevölkerung in all ihrer Vielfalt und Komplexität zu spiegeln."
Als Aktivist*in und Künstler*in aus Frankfurt beschäftigt Xinan Pandan sich auf intersektionaler Ebene mit Themen der mentalen Gesundheit, Rassismuskritik und Queer-Feminismus. Xinan Pandan schafft Räume und Veranstaltungen für queere BIPoC, um den Austausch, Vernetzung, Healing und künstlerischen Ausdruck zu ermöglichen.
Liu Xue
„Ich hoffe, dass durch meine Intervention die „Antiquität“ nicht nur angeschaut, sondern über sie gestritten wird."
Liu Xue studierte Malerei an der Sichuan Kunstakademie in China und Freie Malerei an der staatlichen Hochschule für Bildende Künste, Städelschule in Frankfurt am Main. Seit seinem Abschluss als Meisterschüler von Christa Näher arbeitet er als freischaffender Künstler und beschäftigt sich mit anti-asiatischem Rassismus.
Das Projekt wird gefördert im Programm 360° – Fonds für Kulturen der neuen Stadtgesellschaft der Kulturstiftung des Bundes.
Historisches Museum Frankfurt
Saalhof 1 (ehemals Fahrtor 2)
60311 Frankfurt am Main