Fotografie, Malerei, Skulptur
Ausstellungsdauer bis 19. August 2023
Gallerie Hengevoss-Dürkop
Klosterwall 13, 20095 Hamburg
Mittwoch - Freitag 14:00 - 19:00
Sonnabend 12:00 - 15:00 u.n.V.
Von Dirk Brömmel werden in dieser Gruppenausstellung Fotoarbeiten aus Thailand gezeigt. „Phi Ton Mai“ (80 x 125 cm, Ed. 4; C-Print / Diasec / Aludibond / Nussbaum Rahmen) zeigt einen Heilige Baum in Bangkok. Die aufgemantelte Aufnahme des Baumes mit ca 300 überlappenden Einzelaufnahmen folgt der Idee eines „Porträts“ mit allen Zeichen, die die Zeit und das Wachstum mit sich gebracht haben. Heilige Bäume, in denen nach allgemeinem lokalem Glauben Geister (= Phi Ton Mai) wohnen, stehen in Thailand vor Tempeln, an Straßen und im Wald und sind durch bunte Bänder markiert. Je mehr Bänder, desto mächtiger ist der Geist, der in dem Baum wohnt. Er kann gut oder böse sein. Opfergaben, zumeist Lebensmittel, werden unter den heiligen Bäumen abgestellt und sind auch in dieser Aufnahme Teil des „Porträts“. Fünf Werke aus Brömmels Serie der „Schwimmenden Märkte“ im mittleren Format (120 x 85 cm, Ed. 5, C-Print / Diasec / Aludibond), deren aufgehobene Perspektive der Aufsicht auf die Boote und ihre Ladungen den Bildern einen ikonischen Charakter verleihen, ergänzen die Serie der Werke aus Thailand.
Ivan Kostolovs Gemälde führen in altmeisterlich gemalte surreale Welten, in denen ein Formenvokabular immer wieder verwandelt und neu zusammengesetzt wird. Die Bienenserie, von ihm kurz „Honey“ oder „Astronautenbilder“ genannt, zeigen stets denselben Imker in Schutzkleidung als Symbol der Menschheit, einsam und verfremdet in einer übergewaltigen Natur. Ausufernde Bienenwaben wie in „Astronaut“ (2022, Eitempera / Leinwand, 140 x 220 cm) bilden ganze Landschaften, geradezu neue Weltarchitekturen ab. Die „Salat-Bilder“, in ihrer Serien-Bezeichnung „Weltsalat“, spielen auf ironisch-poetische Weise mit dem Begriff. Einst war im Kunstkontext von „Weltsalat“, genauer „wimmelnder Weltsalat“ die Rede und meinte die neuen, unendlichen Möglichkeiten in der digitalen Welt (György Konrád), wobei auf Walter Benjamin in seinen Überlegungen über die technischen Vervielfältigungsmöglichkeiten Bezug genommen wurde, der schon damals das Verhältnis zwischen Künstler, Werk und Publikum sich grundlegend ändern sah. Bei Kostolov taucht der Betrachter in eine Art „Salatwelt“: Menschen unter einem Salatblatt, das sie als Fluggerät nutzen, ein Salatkopf auf einem Teller, auf dessen Rand sich Menschen tummeln, Menschen, deren Körper sich in ihrer Bekleidung in Salatblätter aufgelöst haben. Mit den seit 2010 in seiner fantastischen Bildwelt immer wieder auftauchenden Themen baut Kostolov auf einer traditionsreichen und doch mit einer sehr gegenwärtigen, eigenen und kritischen Bildsprache über Natur, den Menschen und unsere Welt auf.
Mehr noch geht es bei Keiyona C. Stumpfs Keramiken um das Ausloten der Formensprache der Natur. Menschliche, tierische und pflanzliche Körperteile und – Säfte verschmelzen zu immer wieder neue Formen bis zur Unkenntlichkeit, so in „Wheel II, 2019 (glasierte Keramik, 62 x 63 x 16 cm), in „Cross“, 2019 (glasierte Keramik, 43 x 43 x 16 cm) und den Tuschzeichnungen „Forming“ (2020, 21 x 29,5 cm). Man meint Haut, Knochen, innere Organe zu erkennen, aber auch Blätter, Blüten und Korallen, die zu immer neuen Gebilden zusammenwachsen. Es ist eine Hommage an die Schöpferkraft der Natur und erinnert gleichzeitig an den alten Wettstreit des Künstlers mit der Natur: überraschend sind die in ihrer Technik komplizierten und ausgereiften Arbeiten, die ein hohes handwerkliches Können voraussetzen. Banales tritt uns schön und erschreckend zugleich entgegen und knüpft auf andere Weise an Überlegungen an, die wir bereits kennen: Die Natur, die sich unserer Kontrolle in letzter Konsequenz entzieht. Es sind diese Assoziationen, die die Aktualität der Werke ausmachen.
Dirk Brömmel (geb. 1968, Bonn/ Bad Godesberg), Ausbildung zum Fotografen; Diplom für Kommunikationsdesign FH Wiesbaden; Studium der Freien Kunst an der Johannes-Gutenberg Universität Mainz (Abschluss mit Auszeichnung); div. Preise und Auszeichnungen, u.a. Europäischer Architekturfotografie-Preis 2011 und 2015; zahlreiche Ausstellungen, zuletzt u. a. Zeitsicht Art Award – Jubiläumsschau im Augsburger Glaspalast (2022), „mindest abstand kunst markt“, Nassauischer Kunstverein (2020); MAS Museum am Strom, Antwerpen (2020). Lebt und arbeitet in Mainz.
Ivan Kostolov (geb. 1972, Plovdiv) Studium der Szenographie an der Nationalen Kunstakademie in Sofia, Freie Kunst an der Johannes-Gutenberg Universität in Mainz und Städelschule in Frankfurt a. M. bei Hermann Nitsch und Christa Näher; Promotion in Kunstwissenschaft und Bildender Kunst an der Nationalen Kunstakademie in Sofia. Lebt und arbeitet seit 2015 in Berlin. Öffentliche Sammlungen (Auswahl): Europäisches Parlament, Brüssel; Stiftung Hl. Hl. Kyrill und Methodius, Bulgarien; Nationale Kunstgalerie Sofia; Ausstellungen zuletzt: „PlanetArt Meets Project Pressure, Kühlhaus Berlin (2023), Bulgarian-German residency programme release, roam projects e.V., Berlin (2022); Brave New Earth, Verein Berliner Künstler, Berlin (2021), „No I, no Have, no Be, Galerie Akademia National Kunstakademie, Sofia (2019).
Keiyona C. Stumpf (geb. 1982, München) lebt und arbeitet derzeit in den USA. Studium der Kunstpädagogik, im Anschluß Freie Kunst an der Akademie der Bildenden Künste, München; sie erhielt div. Kunstpreise und Stipendien, u.a. des Kunstverein Rosenheim, der Alexander-Tutsek Stiftung/Pilchuck-Glass-School Seattle US, der Landeshauptstadt München. Sammlungen u.a.: Staatliches Museum für Porzellan in Selb & Hohenberg a. d. Eger; Slg Goetz, Slg Münchner Bank; Ausstellungen zuletzt: „Unverblümt“, Bayerisches Nationalmuseum München (Solo Show) 2023, Galerie Handwerk München (2023/2022), „Vom Sockel zur Wand“, Europäisches Museum für Modernes Glas, Coburg (2021); „Im Dialog“, Museum Schloß Fürstenberg, Fürstenberg (Solo Show) 2020.