5.9. – 11.9.22
hazmatlab x tokonoma x gudskul
at documenta fifteen
Tokonoma
Frankfurter Straße 60
34121 Kassel
Fridericianum
Friedrichsplatz 18
3411 7 Kassel
Gedanken zu Schleim
Der Hauptbestandteil von Schleim, neben Wasser (H2O), ist PVA (Polyvinylalkohol), ein synthetisch hergestellter, thermoplastischer Kunststoff. PVA kann nur mithilfe fossiler Rohstoffe synthetisiert werden. PVA ist geschmack- und geruchlos, schichtbildend, emulgierend und adhäsiv. Es besitzt eine hohe Zugfestigkeit und Flexibilität. PVA löst sich in Wasser, ist nicht toxisch und wird auch teilweise von Mikroorganismen in den Kläranlagen zersetzt. Untersuchungen auf Haut- und Schleimhautverträglichkeit zeigten keine negativen Auswirkungen. Aber es gibt momentan noch viel zu wenig Daten zur Umweltwirkung von PVA.
Der Stoff gelangt nicht nur aus wasserlöslichen Verpackungen von Spülmaschinen-Tabs oder Waschmitteln ins Abwasser. Auch durch Textilien, Klebstoffe, Kosmetikprodukte wie Haarspray, Kontaktlinsen und Damen-Hygieneprodukte. PVA ist in der EU auch als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen, z. B. in Form von Filmbeschichtung, von Tabletten oder Kunstdärmen. PVA wird in der Industrie auch als Beschichtung, Bindemittel, Dichtmittel, Oberflächenveredler, Formentrennmittel, als Leimungsmittel in der Papierherstellung eingesetzt. Nicht zuletzt überzieht jeden Euro Geldschein ein dünne Schicht PVA als Schutzfilm vor Abnutzung.
PVA ist eine Substanz, die uns nahezu überall im Alltag begegnet, weil sie extrem wandlungsfähig und daher vielseitig einsetzbar ist. PVA spielt selten die Hauptrolle, aber ist die Substanz, die im Hintergrund entweder verbindet oder trennt und schützt. Diese Eigenschaften machen PVA für uns als bildhauerisches Material sehr spannend. PVA in der Form von Schleim vereint diese widersprüchlichen Eigenschaften, alles was der Schleim unter sich einschließt bleibt von äußeren Einflüssen geschützt, aber der Schleim wird das Darunter auch permanent verändern und besetzen. Es entsteht ein neuer Körper, ein Hybrid. Schleim bringt neues hervor, ist invasiv, langsam in seiner Bewegung, aber unaufhaltsam und als zeitgenössische Ursuppe lässt er uns über die Zeit in der wir leben reflektieren. Schleim bleibt ein autonomes Material das von uns Künstlerinnen nur gelenkt aber nicht geformt werden kann.
Während unserer Residency bei Tokonoma werden wir im temporären Schleimlabor 400 Liter Schleim kochen. Gemeinsam mit Gudskul und Tokonoma wird kollektiv im Fridericianum geschleimt.
Die Prozesse sind öffentlich, Updates täglich auf Instagram.
Copyright © 2022 | HazMatLab: Sandra Havlicek, Tina Kohlmann, Katharina Schücke |
All rights reserved.