FOIS
10. September – 01. Oktober 2022
ERÖFFNUNG
Freitag, 09. September 2022, 18 – 21 Uhr
SAISONSTART
10 + 11. September 2022, 11 – 18 Uhr
TOR Art Space
Hanauer Landstraße 171
60314 Frankfurt am Main
FOIS heißt die erste Einzelausstellung des dänischen Künstlers Rasmus Søndergaard Johannsen in Frankfurt am Main. FOIS (französisch „Mal“) deutet zugleich das Leitmotiv der Ausstellung an. Denn den gezeigten Werkgruppen Patterns (2020-2021), Lineated Luminary (2015-2019) und der neuen Arbeit Wound (2022) ist ein repetitiver Moment gemein. Er spannt sich auf zwischen dem Zauber des „première fois“, dem ersten Mal, dem ersten Prägen eines Musters, der ersten Manifestation einer Handlung und dem „dernière fois“, dem letzten Mal, dem Abschließen, dem Finalisieren und Einläuten eines Stillstands. Zwischen Anfang und dem Ende beschreiben die Arbeiten Rasmus Søndergaard Johannsens einen Rhythmus, der die Besonderheiten der Produktion und Gestaltung von Textilkunst aufnimmt und der Aufladung ihrer Materialien Raum gibt.
Die Werkgruppe Lineated Luminary besteht aus Rahmen auf die ein Textil gewoben ist, das aus Brennnesseln besteht, die des Nachts an einer bestimmten Stelle auf einer Brache in Berlin gesammelt wurden. Aus ihnen wurden die Fasern extrahiert, versponnen und verwoben. Die so entstandene, textile Struktur wurde mit einer lichtsensitiven Emulsion bestrichen und an ebendie Stelle zurückgebracht, von der die Brennnesseln stammen. Dort belichtete der Mond die Rahmen über Nacht: Was auf die Flächen fiel, warf einen Schatten und blieb so unbelichtet, der Rest verdunkelte sich zu einem Indigoton.
Patterns entspringen der von Ideologie durchwobenen Textilproduktion des Russlands im frühen 20. Jahrhundert. Protagonist:innen des Kubismus, wie etwa Warwara Stepanova, entwarfen Muster für massentaugliche, haltbare Kleidungsstücke. Im Sinne der ästhetischen Transformation des Lebens wurden die abstrakten Gestaltungsprinzipien aus Farbflächen, Linien und geometrischen Grundformen auf konkrete Gebrauchsgüter, wie Kleidung, Interieur und Grafikdesign, übertragen. Sie sind noch heute Ausdruck jener Utopie, die einst anstrebte hierarchisierte, gesellschaftliche Strukturen ebenso zu überwinden wie die Grenzen zwischen Kunst, Handwerk und industrieller Produktion.
Die Arbeit Wound besteht aus handgefertigten, überdimensionalen Quasten und führt schließlich die Themenkomplexe von Lineated Luminary, die Zeit in Textil materialisiert, zusammen mit der Reihe Patterns, die von Textilien erzählt, deren Gestaltung eine Botschaft transportiert, die über die Gegenwart hinaus in die Zukunft weist. Auch die einzelnen Elemente von Wound sind wie bei Lineated Luminary präzise von Hand gefertigt. Jedoch fungieren die Quasten auch hier nicht allein als Zeugen der zeitaufwändigen Arbeit, die sie schuf – sie materialisieren und hinterfragen unterschiedliche Formen von Macht. Die Quasten sind in ihren Ausführungen angelehnt an Militärausstattung, Vorhänge und Sadomaso Spielzeuge und spiegeln so private und öffentliche Züchtigung sowie spielerische, inszenierte und institutionalisierte Machtgefälle wider.
Der in Dänemark geborene Rasmus Søndergaard Johannsen studierte von 2008 – 2014 bei Peter Fischli und Simon Starling an der Städelschule in Frankfurt am Main. Seit Beginn seines Studiums arbeitet er an Langzeitprojekten, die bedingen, dass er sich die Vorbereitungs- und Arbeitsschritte von HandwerksmeisterInnen- und FacharbeiterInnen aneignet. Die repetitiven Abläufe der Produktion, Handlungsmuster- und Rapporte sind meist inhaltlicher und formaler Ausgangspunkt seiner Arbeit, der dazu führt, dass jedes Element selbst von Hand hergestellt wird. Rasmus Søndergaard Johannsen zeigte seine Arbeiten unter anderem auf Ausstellungen in Prag, Antwerpen, Paris, New York City, Kopenhagen, Berlin, Stockholm und London. Mit seiner ersten Einzelausstellung in Frankfurt am Main verabschiedet er sich aus Deutschland und beschließt seinen Umzug von Berlin nach Dänemark.