Anhand künstlericher Arbeiten, die in den Jahren 2017 bis 2021 entstanden sind, verortet Daniel Lie Prozesse des Lernens und Verlernens im Zustand der Verwesung. In Lies Praxis wird Fäulnis als disruptive Haltung verstanden, welche mit der Binarität von Leben und Tod bricht. Über einen Zeitraum von mehreren Jahren wurde im ständigen Schaffen von Installationen, die sich mit dem Vergehen von Zeit auseinandersetzen, ein Prozess der eigenen künstlerische Praxis offengelegt. Grundlegende Fragen zu nichtmenschlichen Positionen wurden so eröffnet, insbesondere durch die Anerkennung der Handlungsfähigkeit von nichtmenschlichen Akteur*innen wie Pilzen, Pflanzen, Viren, Bakterien, Gottheiten, Ahnen, Geistern, Wesen, Tieren.
In Daniel Lies Werk ist Zeit die zentrale Säule der Reflexion. Von der ältesten und affektivsten Erinnerung – die familiäre und persönliche Geschichten einschließt – bis hin zu Erinnerungen, die von Objekten transportiert werden. Die Arbeit ist inspiriert von der Zeitspanne eines Lebens sowie der Dauer einzelner Elemente. Durch Installationen, Skulpturen und die Hybridisierung von Kunstsprache verweisen die Objekte auf Konzepte der Performancekunst, einer Kunstform, die auf Zeit, Vergänglichkeit und Präsenz basiert. Um diese drei Instanzen hervorzuheben, produziert Lie Installationen, in denen nicht-menschliche Elemente wie verrottende Materie, wachsende Pflanzen und Pilze enthalten sind. Lie stellt sich so bewusst den Spannungen zwischen Wissenschaft und Religion, Herkunft und Gegenwart, Fäulnis und Frische, Leben und Tod und versucht, binäres Denken zu durchbrechen. Daniel Lie identifiziert sich als nicht-binär und gender-nonkonforme*r indonesisch-brasilianische*r Künstler*in, wurde in Sao Paulo geboren und lebt derzeit in Berlin. Lies Arbeit wurde international präsentiert u.a. bei Frestas: Art Triennial, Sorocaba; Yogyakarta Biennial; Jupiter Artland, Edinburgh; Casa do Povo, São Paulo; Osage Foundation, Hong Kong; Wiener Festwochen; Centro Cultural Banco do Brasil, São Paulo.
Der Vortrag findet auf Englisch statt.